Schaust du dir „Warten auf die Stille“an? Wenn dich eine freiberufliche Kollegin das fragt, dann kann es nur eine Antwort geben: Aber natürlich! Und so war ich neulich in der Spiegelhalle, der Spielstätte des Jungen Theaters Konstanz, um mir anzuschauen, was der Tanzclub auf die Beine gestellt hat. Im Tanzclub kommen junge Menschen ab 15 Jahren zusammen, um mit der Theater- und Tanzpädagogin Tanja Jäckel Stücke zu erarbeiten.

In „Warten auf die Stille“ haben sich die Jugendlichen ein Thema vorgenommen, das uns allen bekannt vorkommt und uns alle irgendwie betrifft: Der Druck vermeintlich perfekt sein zu müssen, um anerkannt zu werden. Werden wir nur angenommen, wenn wir perfekt funktionieren? Werden wir nur geliebt, wenn wir in eine Norm passen? Ist der komplett gefüllte Terminkalender ein Zeichen, dass wir es geschafft haben? Endlich richtige Menschen sind?

Die Jugendlichen hielten in dem Stück der Gesellschaft den Spiegel vor und stellten diese und noch viele weitere kluge Fragen bzw. sie machten aufmerksam darauf, dass wir uns vom vermeintlich perfekten Instagram-Leben anderer unter Druck setzen lassen. In einer Gesellschaft, wo nur noch die Leistung zählt und nicht mehr die Person und ihre Wünsche, sind wir zwar vielleicht reich an Gütern, aber arm an Kontakten und Glück. Schon passend zum Motto der nächsten Spielzeit überlegten die ca. 30 Jugendlichen, ob ein Leben nicht auch lebenswert ist, wenn der Lebensweg nicht perfekt und gerade ist, wenn man auch mal Schiffbruch erleidet. Lernen wir nicht auch abseits der Norm? Ist unser Leben nicht auch lebenswert, wenn ich nicht die 1 in Mathe oder Englisch habe, wenn ich nicht studiere, sondern lieber was praktisches lerne?

Selbstdisziplin und Wünsche sind nichts schlechtes, wenn wir aber uns selbst und unser Glück dem opfern, was die Gesellschaft als vermeintlich das wichtigste im Leben hinstellt, dann geben wir uns selbst auf. Als ein Mensch mit einem nicht geraden Lebenslauf, als Freiberuflerin, die sich andauernd rechtfertigen muss, weil ich nicht in die Norm passe, fand ich es sehr spannend wie die Jugendlichen an diese Fragen herangegangen sind und diese tanzend, singend und spielend umgesetzt haben. Sie haben keineswegs eine perfekte Lösung am Ende parat, aber sie haben Lösungswege aufgezeigt. Und wieder ins Bewusstsein gerückt, dass das Wir wichtiger ist als die Gier.

In spritzigen, temperamentvollen Tanzeinlagen, mit einfühlsam gesungenen Liedern (tolle Stimmen!) und teils aufwühlenden Gesprächssequenzen brachten sie diese Überlegungen und ihre Gedanken zu diesem Thema mit einem Augenzwinkern auf die Bühne. Spannend war auch der Einstieg. Die Tänzergruppe steht in weißen Gewändern auf der Bühne und es passiert erstmal nichts. Es war interessant die anderen, meist jugendlichen Zuschauer, dabei zu beobachten, was die Stille mit ihnen macht.

„Warten auf die Stille“ ist ein nachdenklich machendes Stück über jeden von uns, ein Stück, in dem jeder sich selbst entdecken und etwas für sich mitnehmen kann. Außerdem ist es ein Stück mit tollen Tanz- und Musikeinlagen von kreativen Jugendlichen. Den Tanzclub sollte man also unbedingt auf dem Schirm haben, wenn man sich überlegt welche Stücke man sich in der nächsten Spielzeit angucken sollte. Ich bin gespannt, welchem Thema ihr euch im nächsten Jahr widmet.